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Irene Badura

2/20/2023

Im November 2019 stürzte der damals sechsjährige Phineas bei dem Versuch, sein Flugzeug zu holen, vom Baum. Er wurde mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht. Das anschließende MRT zeigte, dass der Sturz geringfügig gewesen war, aber es zeigte auch, dass er ein Chordom an der Schädelbasis hatte. Das war ein Schock für die ganze Familie. Es folgten viele schlaflose Nächte, während wir versuchten, jemanden zu finden, der Phineas operieren konnte.

Im Januar 2020 wurde er in Greifswald von Professor H. W. Schröder operiert. Nach zwei langen und komplizierten Operationen und mehreren kleineren Eingriffen (C1/C2 fusioniert und ein VP-Shunt implantiert) wurde er Ende Februar ans andere Ende des Landes entlassen. Von April bis Juni musste Phineas zur Protonenbestrahlung nach Heidelberg fahren. Das hieß für ihn wieder Trennung von Geschwistern und Freunden, da wegen des Corona-Virus keine Geschwister mitreisen durften.

Ende Juli dachten wir, dass alles vorerst vorbei sei und wir feierten seinen 7. Leider bekam er kurz darauf eine Hirnhautentzündung und bei weiteren Untersuchungen wurden Metastasen in seiner Lunge festgestellt. Wir setzten uns sofort mit der Chordoma Foundation in Verbindung und nach einer gründlichen Untersuchung des Falles wurde uns geraten, zu beobachten und abzuwarten.

Im Jahr 2022 zeigte sich bei einer Kontrolluntersuchung, dass eine Nebenwirkung der Bestrahlung aufgetreten war: Seine Hypophyse produzierte keine Wachstumshormone mehr. Nun musste erneut eine Entscheidung getroffen werden: Hormone zuführen, mit dem Risiko, dass sich dies auf die Metastasen in seiner Lunge auswirkt; oder keine Hormone zuführen und damit eine maximale Körpergröße von 130 cm akzeptieren. Gemeinsam mit Phineas entschied sich die Familie für die Hormontherapie und Phineas freut sich darauf, endlich wieder zu wachsen und so groß zu werden wie seine Freunde.

Jetzt, nach fast drei Jahren, haben wir gelernt, mit Phineas' Zustand zu leben. Wir sind froh, dass Phineas trotz aller Umstände ein glückliches Kind ist. Er fährt im Winter Ski, geht klettern, macht Karate und sein größter Wunsch, ein BMX-Rad, um Kunststücke zu machen, ist auch in Erfüllung gegangen.

Was hat uns geholfen und gestärkt? Der Zusammenhalt der Großfamilie, Freunde, die bei der Suche nach den richtigen Ärzten geholfen haben, ab und zu ein Essen gekocht haben oder Phineas' Geschwistern einen schönen Tag bereitet haben oder einfach nur eine stille Umarmung. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Zeit ist, dass Eltern so viele Informationen wie möglich einholen sollten, um von den Ärzten die beste Behandlung für ihr Kind zu erhalten. In diesem Zusammenhang hat es sich als hilfreich erwiesen, die von der Chordoma Foundation bereitgestellten Informationen auszudrucken und zu jedem Termin mitzunehmen. Proaktiv zu sein, Fragen zu stellen und sich selbst als handlungs- und entscheidungsfähig zu erleben, war eine Möglichkeit, mit all den Schrecken der Diagnose und Behandlung umzugehen. Nicht zuletzt setzen wir uns nun gemeinsam dafür ein, dass Familien, bei deren Kind ein Chordom diagnostiziert wird, nicht hilflos sind, sondern kompetente Hilfe erhalten.


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